„FÜRTHER GESPRÄCH“ AM 29. FEBRUAR 2012
im Saal des Gasthofs "Schwarzes Kreuz", Fürth
mit Dr. Horst Friedrich Wünsche
Vielen Deutschen erscheinen Erhard und seine Politik noch immer bewundernswert. Das ist ein frappierender Umstand, denn Erhards Politik war vor mehr als einem halben Jahrhundert die Ursache für ein weltweit beachtetes Wirtschaftswunder.
Dr. Horst Friedrich Wünsche, der bis zum Tod von Ludwig Erhard dessen wissen-schaftlicher Mitarbeiter und später Geschäftsführer des von Erhard gegründeten Ludwig-Erhard-Stiftung e. V. war, hat im Rahmen eines Fürther Gesprächs am 29. Februar 2012 gezeigt, dass es letztlich die geistigen Grundlagen sind, die an Erhards Politik noch immer faszinieren.
Dr. Wünsche hat einen weithin unbekannten Erhard geschildert: einen Erhard, der als Invalide aus dem ersten Weltkrieg heimgekehrt war und dessen Lebensplanungen durch seine körperlichen Behinderungen ruiniert waren. Erhard habe im Herbst 1919 – nach eigenem Bekunden: „rein zum Zeitvertreib“ – ein Studium an der neu eröffneten Handelshochschule in Nürnberg aufgenommen. Aber schon bald hätten ihn die wirtschaftlichen und sozialen Fragen fasziniert, die es damals zu lösen galt.
Erhard habe sich schließlich geradezu leidenschaftlich mit der Frage befasst, wie sich wirtschaftliche Freiheit, die ein Menschenrecht sei, und soziale Sicherheit, nach der alle Bürger verlangen, verbinden lassen. Dr. Wünsche schilderte die Grundfragen, mit denen sich Erhard befasste, und die völlig neue, freiheitliche und sozial zufriedenstellenden Politikkonzeption, die Erhard entwickelte und an der er später seine praktische Politik ausrichtet
Mit Nachdruck verwies Dr. Wünsche darauf, dass das „deutsche Wirtschaftswunder“ nicht nur in hohen Wachstumsraten des Sozialprodukts bestand, sondern dass mit ihm auch Preisstabilität und Vollbeschäftigung sowie dank Erhards liberaler Außenhandels- und Devisenpolitik eine schnelle Rückkehr der deutschen Wirtschaft auf die Weltmärkte gesichert wurden.
Viel zu wenig bekannt sei auch, dass es zur Zeit des Wirtschaftswunders nur minimale Staatsverschuldung gab und dass Erhard als Bundeskanzler Ende 1966 zurückgetreten ist, weil er sich weigerte, den Weg in die Staatsverschuldung mitzugehen. Es sei damals um eine aus heutiger Sicht geradezu lächerliche Summe – um 1,35 Mrd. DM, also noch nicht einmal um drei Viertel Mil-liarden Euro gegangen.
Viel zu wenig bekannt sei auch, dass es zur Zeit des Wirtschaftswunders nur minimale Staatsverschuldung gab und dass Erhard als Bundeskanzler Ende 1966 zurückgetreten ist, weil er sich weigerte, den Weg in die Staatsverschuldung mitzugehen. Es sei damals um eine aus heutiger Sicht geradezu lächerliche Summe – um 1,35 Mrd. DM, also noch nicht einmal um drei Viertel Mil-liarden Euro gegangen.
Zum Verblüffen vieler Zuhörer erläuterte Dr. Wünsche, dass Vollbeschäftigung, Preisstabilität und solide Haushaltsführung für Erhard Grundziele waren, die sich aus seiner Konzeption zwingend ergaben, während Wirtschaftswachstum – das jetzt allenthalben für die zentrale Aufgabe der Wirtschaftspolitik gehalten werde – für Erhard kein Ziel, sondern nur Folge erfolgreicher Politik war. Dies zu verstehen sei notwendig, denn Revitalisierung der Erhardschen Politik bedeute nicht, dass erneut Maßnahmen ergriffen werden, die schon Erhard durchgeführt habe, sondern dass man sich auf die Prinzipien besinnt, die Erhards Erfolg begründet haben.
Das Ergebnis seiner Ausführungen fasste Dr. Wünsche knapp zusammen: „Ich bin der Meinung, dass es gegenwärtig in Deutschland keine Soziale Marktwirtschaft im Sinne von Ludwig Erhard mehr gibt. Da aber Wirtschaftsfreiheit und soziale Sicherheit für die moderne Wirtschaftspolitik unverzichtbar wichtig sind und bisher nur Erhard eine Konzeption gefunden hat, in der diese beiden Aspekte verbunden sind, folgt daraus zwingend, dass Erhards Konzeption in vollem Umfang revitalisiert werden muss.“
Im Anschluss an die Veranstaltung stellte die Vorsitzende des Ludwig-Erhard-Initiativkreises, Evi Kurz, das erste Heft der Schriftenreihe „Ludwig-Erhard-Studien“ vor. In ihr sollen ausgewählte Aspekte der Sozialen Marktwirtschaft, wie sie Ludwig Erhard konzipiert und betrieben hat, in allgemein verständlicher Weise erörtert werden:
Horst Friedrich Wünsche,
Von Ludwig Erhards Sozialer Marktwirtschaft zur marktwirtschaftlichen Wirtschaftslenkung. Der Weg vom Wirtschaftswunder zur Schuldenkrise.
Mit einem Exkurs über das Spektrum des Neoliberalismus zwischen Friedrich A. von Hayek und Ludwig Erhard.
Ludwig-Erhard-Initiativkreis (Hg.), Ludwig-Erhard-Studien, Heft 1, Fürth 2012, ISBN 978-3-943111-03-3.